Imaginationen eines Flusses
Wege ins Bild – Spuren in die Imagination
In den vergangenen Jahren hat sich Otmar Wallenta auf ein spezifisches Genre konzentriert: die Farblandschaft. Aus einem starken
Bewusstsein für ihre lange Tradition heraus schafft er Gemälde, die sich stets weiter vom Erkennbaren entfernten und immer abstrakter
und komplexer wurden. Die Darstellungen sind nicht mehr oder nur kaum als Felder, Wälder und Seen, Dächer oder Türme zu erkennen.
Sie haben sich in eine all-over Struktur von Linien und Pinselstrichen aufgelöst, in ein visuelles Feld, das von flammenden Bewegungen,
glühenden Farben und einer Hektik beherrscht wird, die nicht mehr zum Stillstand kommen will.
Immer noch sieht man in den Werken von Wallenta die Landschaft im Spannungsfeld zwischen der Wirklichkeit und Fiktion, obwohl sie für
ihn nicht mehr Ausgangspunkt ist.
Betrachten wir nun die Universum-Bilder von Otmar Wallenta, die in den Jahren 2007 und 2008 entstanden sind und die der Künstler auch
in den nächsten Jahren weiterverfolgen will, so erkennt man hier ein bildnerisches Vorgehen, mit dem sich der Künstler – ausgehend vom
Thema des Makrokosmos und der sich in ihm ereignenden Explosionen – auf die ganzheitliche Komposition formaler und koloristischer
Bildmotive und Energien konzentriert und in erzählender Weise umsetzt.
Wir entdecken auf großformatigen Leinwänden an kosmische Straßen erinnernde weiße, schwarze, gelbe und blaue, aber vor allem orange
und rote Farbschlieren, gestisch geschwungene Farbschweife oder tachistisch gesetzte Farbkonzentrationen, die sich in äußerst vitalen
Fließformen, linearen Grafikbahnen, eruptiven Tropfengebilden oder amorphen Farbverdichtungen jeweils von einem Lichtzentrum
ausgehend über die Leinwände ausbreiten. Damit weckt Wallenta in unserer Vorstellungskraft Erinnerungsbilder von pulsierenden
Galaxien, die entweder gerade im Entstehen begriffen sind oder sich in scheinbar unmerklicher Zeitlosigkeit im Universum ausdehnen. Es
sind Farb-Landschaften von verführerischer Sinnlichkeit und dann wieder getragen von einer rätselhaften Stille.
Denken lässt es auch an Landschaften unvorstellbaren Ausmaßes, an meteorologische Ereignisse, an Farb- und Formexplosionen
unfassbarer Sensationen, an die Faszination von galaktischen Dimensionen, an planetarische Kreisläufe sowie Licht- und Schattenkämpfe.
Das Gemälde scheint einen Ausschnitt dieser scheinbar bekannten, doch in Wahrheit eher vorgestellten Realität zu definieren. Die
Ähnlichkeit mit Beobachtungen im Kosmos lässt in dieser Malerei Gebilde entstehen, in denen sich unterschiedliche Assoziationen des
Betrachters verfangen können. In rein ästhetischen Dimensionen nimmt eine Erzählung ihren Lauf und lässt eine Zeitlichkeit ohne Anfang
und ohne Ende entstehen, welche die Betrachtungszeit zu einer sinnlichen Größe macht. Raum und Zeit sind die Koordinaten des Lebens,
der Natur, der Welt, des Universums. Raum und Zeit bedingen sich gegenseitig und fordern unsere Wahrnehmung. Wenn sich Otmar
Wallenta den Themen Raum und Zeit nähert, dann tut er dies mit Hilfe von metaphorischen Darstellungen, die auf kinetischen
Gestaltungen aufgebaut sind.
All dies ist natürlich pure Illusion. Denn Malerei ist in erster Linie – so lehrt es die Geschichte der gegenstandslosen Kunst – etwas
Erdachtes, ein Artefakt, ein Gespinst energetischer Imagination.
Trotz der atemberaubenden Farbenfülle unter weitem Himmel, die einem auf den Bildern von Otmar Wallenta erwartet, schlägt der
Künstler eine weitere bemerkenswerte Volte in seinem Vermittlungsversuch zwischen expressivem und konstruktivem Bildaufbau. Ihm
binden sich auch postfuturistische Klänge ein, was das in seiner Sicht eingefügte Moment der Geschwindigkeit angeht. Manche seiner
Landschafts - Abreviaturen nehmen sich aus, als seien sie aus der Perspektive des Vorbeifahrenden entstanden. Otmar Wallenta aber geht
das Vermitteln von Eindrücken, seien es nun Natureindrücke oder kosmische Imaginationen. überlegt und facettenreich an.
Eine Vielzahl an Entwürfen und Skizzen pflastern den Weg zum eigentlichen Bild. Zuerst grafisch, und von da kommt ja seine eigentliche
Zugangsweise, dann malerisch, in meist Querformaten, organisiert der Künstler dynamisch strukturierte Kompositionen. „Er habe“, so sagt
er, „ziemlich alles schon einmal thematisiert: Komposition, Textur, Transparenz, Bewegung, Pinselstrich“, er wählt also aus einem reichen
Fundus wie andere Nachmoderne.
Die Art, wie er die aus Landschaftseindrücken oder kosmischen Imaginationen herausgefilterten Elemente aber in Bewegung versetzt,
ineinander verkeilt und zugleich offen lässt: das ist die eigene, aus Kalkül und frischem Antritt kombinierte Leistung.
Gerade die neuesten Gemälde, die ohne das unbändige Schaffen durch einige Jahrzehnte hindurch nicht denkbar wären, sind abstrakt und
komplex. Die erkennbare Wiedergabe einer Landschaft, eines Körpers oder eines Szenariums, hat einem nahezu abstrakten Spiel von
Linien, Farben und Flächen Platz gemacht. Mehr und mehr hat der Pinselstrich einen selbständigen Wert. Der Betrachter braucht nicht zu
wissen: dieser Weg ist so und jener Baum wieder anders oder die Verkörperung eines Sternenhimmels um die Erfahrung von etwas
Landschaftlichem oder Kosmischen zu machen. In seinen Gemälden geht Farbe in Licht über, in Luft, Raum und Bewegung.
Nun liegt es am Betrachter selbst, der an den Punkt kommen muss, seine Sehfähigkeit als Instrument einzusetzen, um das Verhältnis von
Farbe und Fläche in Bezug zu seiner eigenen Existenz zu setzen. Das eindeutige Bild verschwindet in den Weiten, verliert sich in einem
immer größer werdenden Ausschnitt, das Gefühl von Distanzen geht verloren. Auf seine eigene Weise verleiht Otmar Wallenta diesem
Unfassbaren eine Gestalt. Das unendliche Bild enthält eine sinnliche Physis.
Leopold Kogler
DDr. LEOPOLD KOGLER
Der Künstler wurde in St. Peter in der Au geboren und studierte 1973 bis 1977 an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien bei Oswald Oberhuber, Bazon
Brock und Peter Weibel.
DDr. Leopold Kogler ist Landesschulinspektor für Bildnerische Erziehung in Niederösterreich. Der Künstler und Dreifachdoktor aus St. Peter/Au ist zudem Präsident
der Niederösterreichischen Kunstvereine und Leiter der NÖ Malakademie.
Bildgröße: 5 x 2,1 m
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